Diese Reise war zweifelsohne DIE REISE unseres Lebens. Intensive und nachhaltige Erinnerungen werden bleiben – für immer!
Wir durfte eine unberührte Natur erleben, wild, schroff, karg, eisig, mit wenig, aber wunderbarer Vegetation und einer Vielzahl von Tieren in der Luft, auf dem Boden und im Wasser! Und wir durften auf einem 5-Sterne-Schiff leben, wo es an nichts fehlte!
Wir haben aber auch ein kompetentes Expeditions-Team erlebt, welches uns sehr viel Wissen vermitteln konnte und mit Engagement und Nachdruck darauf bedacht war, dass durch unsere Ausflüge weder Fauna noch Flora gestört wurden. Selbst Abfallsäcke waren immer dabei um angeschwemmten Unrat zu entsorgen!
Wie gesagt, die Reise war intensiv und auch anstrengend, wir haben nicht alle Landgänge mitgemacht, aber das Erlebte überwiegt alle Strapazen bei weitem!
Wir haben auf dieser Reise mit dem russischen Kapitän Oleg Tikhvinhimmel problemlose 1’398 Nautische Meilen oder 2’589 km zurückgelegt. Und Seekrank wurde auch niemand 😉
Uns bleibt nur den Reisebegleitern von Kontiki , Jonas Gobeli und David Schwery, dem Expeditions-Team von Poseidon unter der Leitung von Michaela Mayer und der ganzen Schiffsmannschaft ganz herzlich für diese wunderbare Reise zu danken. Alle haben dafür gesorgt, dass diese Expedition zu einem einmaligen Erlebnis wurde…
Ich vermisse jetzt schon die morgendliche Durchsage von Michaela zum Tagesprogramm, gefolgt vom der Standardprozedur: wasserdichte Hosen überziehen, in die hohen Stiefel schlüpfen, Polarjake anziehen, Schwimmweste darüber (was meistens beim 3. Anlauf geklappt hat), den Fotoapparat nicht vergessen und ab aufs Zodiac…
Pyramiden war heute Morgen das Ziel. Das ist eine in 1910 von den Schweden gegründete Kohlengrube nordöstlich von Longyearbyen, genannt nach dem pyramidenartigen Berg hinter der Siedlung. 1926 ging das Ganze in russischen Besitz über und wurde vom der UdSSR als Vorgzeigestadt ausgebaut. In der Blütezeit in den 1980-iger Jahren wohnten und arbeiteten da 900 Personen, auch Familien, und waren im Bergbau beschäftigt, resp. für den Betrieb der Stadt verantwortlich.
Es gab da eine zentrale Kantine die 24 Stunden im Tag und 7 Tage in der Woche für alle geöffnet hatte und wo alles umsonst zu haben war. Nebst Kindergarten und Schulen gab es da auch ein Hallenbad, so etwas wie ein Volkshaus für Unterhaltung und Sport und eine kleiner Heli-Flugplatz.
Da die Kohleförderung nicht rentabel war und die UdSSR auseinanderbröckelte, wurde die Siedlung 1998 komplett aufgegeben und verlassen. Erst etwa 2008 kamen wieder ein paar wenige Russen zurück um die Siedlung vom totalen Zerfall zu retten.
Heute wohnen 9 Leute da, betreiben ein Hotel und versuchen die ganze Siedlung vor dem Untergang zu retten, aber mit wenig Erfolg wie unsere Besichtigung zeigte.
Am Nachmittag konnten die Unermüdlichen nochmals Anlanden und eine Wanderung zu einem Wasserfall unternehmen. Doch etwa die Hälfte der Gesellschaft blieb auf dem Schiff um langsam die Koffer zu packen.
Nach dem Nachtessen, so gegen 23.30 Uhr werden wir dann mit den Zodiacs an Land gehen und zum Flughafen transferieren wo um 02.05 Uhr der Flug nach Zürich losgeht – sollte!
Bis zum Check-in ist alles wie am Schnürchen gelaufen, aber dann gab es Verzögerungen. Das Flugzeug war nicht rechtzeitig von London nach Zürich gekommen um da Leute an Bord zu nehmen die auf eine Polar-Expedition nach Franz-Joseph-Land nach Longyearbyean kommen sollten.
In der Zwischenzeit war es bereits 03.30Uhr und die Reise konnte losgehen. Todmüde wanderten wir über den Tarmac zum Flugzeug. Nach dem Start wurde uns ein warmes Morgenessen mit zwei, drei Gläschen Prosecco serviert – war super fein und verhalf zu einem kleinen Nickerchen!
Um etwa 8.30 landeten wir nach einem ruhigen Flug in Zürich.
Auf der nächtlichen Fahrt von Edgeøya zum Hornsund hat es recht geschaukelt, nicht dass es dir schlecht wurde, aber so, dass du das Gefühl hattest, betrunken zu sein!
Wegen der rauen See können wir nicht am vorgesehenen Ort anlanden und suchen einen anderen Platz weiter hinten im Hornsund. Das Gelände ist da aber hochalpin, auch am Strand, so dass wir beschliessen nicht an Land zu gehen. Da liegt nämlich noch etwas Schnee und der Boden ist mit Steinen und Geröll bedeckt.
Wir vertreiben uns die Zeit in der Bibliothek und der Lounge. Es ist doch noch eine rechte Schar Teilnehmer die an Bord geblieben ist. Man liest die aktuelle Zeitung, resp. eine Zusammenfassung, welche auf das Schiff übertragen wurde und geniesst den Kaffee aus der Maschine, oder erwärmt sich mit Tee und bedient sich mit Chocolate Cookies, gibt’s alles umsonst!
Und da hockt doch tatsächlich jemand in der Ecke und strickt!
Das Wetter bleibt bedeckt was uns aber nicht abhält eine Zodiac-Tour zum Samarinbreen, also dem Samaringletscher zu machen. Dieser fliesst direkt in den Fjord und ist bekannt, dass er oft kalbt. Wir fahren gemütlich dem Gletscher entlang und erfahren viel über die Arten und Zusammensetzungen der Gletscher.
Plötzlich ein donnerndes Geräusch und Wasser das aufspritzt – da ging doch gerade eine grössere Menge Eis in den Fjord. Und es dauert nicht lange bis die Flutwelle unser Boot erreicht hat. Wir sind aber weit genug vom Gletscherrand entfernt, dass uns nichts passieren kann.
Wir erleben noch drei bis vier Eisabbrüche während wir uns vor dem Gletscher befinden.
Doch es gibt noch weiter Dinge zu bestaunen: die blau schimmernden, vom Gletscher abgebrochenen Eisberge. Die sind blau weil das Eis fast keine Lufteinschlüsse hat. Und obendrauf hocken die Dreizehenmöwen die nach Futter Ausschau halten.
So verbringen wir mit den Zodiacs fast zwei Stunden in Gletschernähe, bis leichter Regen einsetzt und wir zurück zur Sea Spirit fahren.
Vor dem Nachtessen findet dann das x-mal verschobene Kapitäns-Apéro statt.
Unser russischer Kapitän sieht aus wie ein Hawaiianer. Gross, mit gut entwickeltem Bauch und langen grauen Haaren die zu einem Rossschwanz gebunden sind. Er spricht perfekt Englisch und ist schon einige Jahre auf dem Schiff. In einem Cabaret-reifen Auftritt stellt er uns seine Crew vor. Offiziere und eine Offizierin (Arzt) aus allen Herren Länder, ein eingespieltes Team und eine Familie bestehend aus 72 Mitgliedern. Dass die alle sehr gut zusammenpassen sieht und spürt man jeden Tag, auch als Gast.
Neun Uhr, schönes Wetter, Anlandung bei Kapp Lee auf der Insel Edgeøya. Neben drei alten Trapper-Hütten und vielen verwitterten Walknochen, teilweise noch aus dem 17. Jh., ruhte sich hier eine Sippe Wallrosse am traumhaften Sandstrand aus. So faul wie die hier rumliegen ist schon beeindruckend. Mal etwas grunzen oder furzen, mit der Flosse den Bauch kratzen oder kurz mal aufschauen, das ist schon alles was die machen, dann sind sie schon wieder müde. Wenn sie aber im Wasser sind, gehen sie auf die Suche nach Muscheln (Sandklaffmuscheln), und saugen die aus!
Ach ja, da gab es dann auch noch die arktischen Blumen, Schnee-Hahnenfuss, Stengelloses Leimkraut, den Svalbardmohn oder den Roten Steinbrecher. Alle diese kleinen Blümchen, nicht grösser als 2-3cm, blühen in diesen Tagen. Übrigens gibt es auch Birken hier, die aber auch nicht grösser als 3 cm werden – quasi Zwerg-Bonsais.
Nach dem Mittagessen gibt es einen geologischen Vortrag über Spitzbergen. Das interessanteste dabei ist, dass Spitzbergen geologisch vor vielen vielen Jahrmillionen mal zum Südpol gehörte und nachher nach Norden gewandert ist!
Am späten Nachmittag steht eine Wanderung in der Tundra von Kvalpynten auf Edgeøya auf dem Programm. Zu sehen gibt es Rentiere und Vögel. Wir passen und bleiben an Board der Sea Spirit, denn das Wandern in der Tundra ist sehr mühsam. Der Boden ist weich, teilweise mit Steinen durchsetzt oder feucht und da kommst du schnell mal ordentlich ins Schwitzen. Also lassen wir das und geniessen den 4-Uhr-Tee auf dem Schiff mit Friandisen, süss und scharf. Und den Tee ersetzten wir durch ein Bierchen und ein Weinchen welches uns die charmante philippinische Sheenie, mit Zahnspange und leichtem Bartwuchs, servierte. So lassen wir es uns gut gehen bis die anderen wieder zurückkommen.
Nach dem Nachtessen versteigert Kontiki, bei einem Glas Champagner, Erinnerungen an diese Reise, so z.B. die Poseidon Fahne vom Bug des Schiffes, ein Fleece-Pullover wie er vom Expeditionsteam getragen wird, eine Fahr-Lektion auf dem Zodiac, die Mütze von David dem Walliser Reisebegleiter, ein Fotoshooting mit dem Bord-Fotografen oder eine Viertelstunde die MS Sea Spirit steuern! Der Erlös wird von Kontiki verdoppelt und der Polar-Bear-Foundation überwiesen.
Wir haben uns um den Fleece-Pullover bemüht, aber bei $ 200.- aufgehört zu bieten. Irgend so eine Tante ersteigerte ihn für ihrer Tochter „für in den Stall“!
Mit einem Glenfidich und Pinacolada an der Baar schlossen wir den Abend ab…
Nachtrag: Bei der Versteigerung ist ein Betrag von knapp $ 3’000.- erzielt worden, welchen Kontiki noch verdoppeln wird.
Über Nacht sind wir soweit zur Insel Nordaustlandet hochgefahren, bis wir wegen des dichter werdenden Treibeises aufhören mussten. Noch vor dem Morgenessen kam ein Eisbärenalarm von der Brücke. Also rein in die Klamotten, Kamera umhängen und nach draussen eilen um auch ein paar gute Bilder zu bekommen. Aber da war kein Bär zu sehen weit und breit! Nur die Expeditionsleitung hatte den gesehen.
Dann Programmänderung, statt um 9 Uhr ging es bereits um 8 Uhr auf die Zodiacs um den Bären zu suchen. Der Himmel war wolkenverhangen bei etwa 2°C! Spielt keine Rolle, wir sind gut ausgerüstet.
Vorerst fanden wir aber gar nichts, keines der Zodiacs sah etwas. In weiter Ferne wurden zwar Walrosse gesichtet, aber die waren wegen dem dichten Eis mit den Zodiacs nicht erreichbar. In der Zwischenzeit begann es leicht zu schneien, aber nur kurz.
Über Funk kam die Meldung, dass man einen Polarfuchs auf einer Eisscholle gesehen hätte. Also nichts wie hin, aber ein Fuchs hat auf dem Eis nichts verloren, ausser er folgt einem Bären. Nun sahen wir den Fuchs auch und er versuchte die Eisscholle zu verlassen und suchte sich einen Weg. Er entschloss sich dann auf die nächste Scholle zu schwimmen, was er nur ungern macht und daher sehr selten zu sehen ist!
Wir zogen weiter zu einem Vogelfelsen, der war aber nicht sehr spektakulär. In der Ferne sahen wir mehrere Zodiacs beisammen. Also nichts wie hin! Und da lagen doch drei Walrosse auf einer Eisscholle, so faul, dass sie nicht einmal den Kopf richtig heben mochten. Und wir waren weniger als 10 Meter von den Tieren entfernt! Was für ein Anblick, diese fetten Kolosse mit den langen Zähnen und dem borstigen Schnauz!
Auf der Rückfahrt zum Schiff wurde unser Zodiac plötzlich vom Treibeis eingeschlossen. Nur durch Schieben der Eisplatten mit dem Zodiac gelang es nach einer Viertelstunde, sich aus der misslichen Lage zu befreien und das offene Wasser zu erreichen.
Kaum auf dem Schiff, konnten die mutigen Gäste ein Bad im Eismeer nehmen, den «Polar Plunge», war ein richtiges Gaudi!
Und Ursi wurde aus der Isolation entlassen, durfte mit uns wieder am Mittagstisch sitzen und die gute Küche geniessen!
Kaum war das Eismeerbad beendet fuhr unser Schiff wieder südwärts wo es Nahe einer Landzunge vor Anker ging.
Und schon von weitem sah man auf dieser flachen, mit Kieselsteinen belegten Eiszunge, eine Kolonie Walrosse. Also ab in die Zodiacs und an Land gehen. Dann ein kurzer, aber happiger Marsch durch das lose Geröll zu den Walrossen. Aber soweit kamen wir gar nicht, denn im Wasser neben uns schwamm eine Walrossfamilie und wollten an Land gehen. Sie liessen es aber bleiben, denn ihnen standen etwa 50 rote Polarreisende gegenüber und fotografierten was die Kisten hergaben…
Irgendwann zogen sie von dannen und wir gingen auf die Walrosskolonie zu. Der Duft in der Luft war penetrant und da lagen etwa 50 Walrosse so faul auf dem Kies, dass sie uns nicht einmal bemerkten. Ok, wir durften aber auch nicht mehr als etwa 40 Meter an die Tiere heran um sie nicht zu stören.
Da lagen sie also diese 800 kg schweren Kolosse, auf dem Rücken oder auf der Seite. Sie schliefen, schnarchten oder rieben sich mit den Flossen den Bauch. Einige hatten einen oder gar beide Hauer verloren oder abgebrochen…
Zurück auf dem Schiff gab‘s das tägliche Briefing und anschliessend ein BBQ auf dem Sonnendeck bei 4°C. Die Tische waren weiss gedeckt wie im Restaurant…
Und das Buffet war sehr reichhaltig, mit Spannferkel vom Grill und allem Drum und Dran. Der absolute Hit aber war, dass der Kapitän während dem ganzen Nachtessen vor dem grössten Gletscher von Svalbard, mit der längsten Abbruchkante ins Meer (200 km), auf und ab kreuzte und das teilweise bei strahlendem Sonnenschein! So eine gigantische Kulisse, das wirst du im Leben nie mehr vergessen…
Seit gestern 18 Uhr sind wir schon unterwegs. Wir umrunden die Südspitze von Spitzbergen und fahren den Storfjorden hoch, in Richtung Freemansundet wo am Nachmittag eine Anlandung geplant ist. Es regnet bei etwa 5°C und es bläst ein fester Wind. Die Eissturmvögel begleiten uns und segeln direkt vor unserem Fenster, sie sind zum Anfassen nahe und gucken neugierig zu uns herein!
Nach dem Mittagessen war eine Anlandung mit Wanderung zu irgendwelchen Vögeln geplant. Doch dann kam die Durchsage, dass ein Eisbär gesichtet worden sei und darum nur eine Zodiac-Fahrt entlang der Küste möglich sei. Natürlich wollte man dem Bären vom Boot aus folgen.
Das Küstengelände war auf einer Breite von 100 m flach, nachher stieg es ziemlich steil auf 600-700 Meter an. Ein breites Felsband durchzog den sonst mit spärlich Gras bewachsenen Berg auf etwa halber Höhe. Und wo war der Bär? Der durchkletterte gerade das Felsband nach oben und verweilte da. Nach einer Weile zogen wir mit den Booten weiter der Küste entlang um nach anderen Tieren Ausschau zu halten. Und wir sichteten Gänse am Strand, die im Sommer während drei Wochen nicht fliegen können, da sie neue Flugfedern bekommen.
Ebenfalls sichteten wir mehrere Polarfüchse, die gerade ihr weisses Winterfell verlieren und sehr zerzaust aussehen. Und da kam noch ein Fuchs, direkt an den Strand wo eine gerissene Gans lag. Von da an liess sich der Fuchs nicht mehr stören. Der war so mit seiner Beute beschäftigt, dass er uns mit den Zodiacs bis auf wenige Meter herankommen liess, ohne von uns Notiz zu nehmen! Das war ein eindrückliches Erlebnis wie der da seine Beute zerlegte…
Nun zu Ursi: die Medikamente gegen den Durchfall haben nichts genützt und die Virenbehandlung wir nun auf bakteriologisch Behandlung umgestellt, d.h. Ursi bekommt nun Antibiotika. Sofern alles klappt, wird sie Morgenvormittag von der Isolation befreit! Hoffen wir doch mal sehr, Doc Gloria (Schiffsärztin)…
Heute steht ein Besuch im Bellsund auf dem Programm. Am Morgen gab es eine Anlandung an einem Ort namens «Bamsebu». Da steht noch eine alte Walfänger-Hütte, welche heute als «Ferienhäuschen» Verwendung findet.
An diesem Ort wurden im letzten Jahrhundert in grossem Stil Belugawale abgeschlachtet. Übrig geblieben sind riesige Haufen von Walknochen die am Strand liegen gelassen wurden und langsam vor sich hin erodieren.
Wer Lust hatte konnte an einer vier Kilometer langen Wanderung quer über die Halbinsel teilnehmen, die aber durch morastiges und sandiges Gelände führte. Wir haben das aber tunlichst sein lassen und blieben bei den Knochen…
Seit heute weiss ich auch, warum man auf dem Zodiac wasserdichte Hosen tragen sollte. Der Wellengang war erstmals erhöht und das Wasser spritzte von allen Seiten ins Boot. Aber ich hatte das Gefühl in nassen Hosen zu stecken – tat ich auch, denn wie sich später herausstellte hatte ich ein Loch in den Hosen. Irgendwo aufgerissen, da nützt es auch nichts wenn der Rest noch dicht ist!!!
Dann nahm der Tagesverlauf eine abrupte Wendung. Ursi hatte schon 2-3 Tage Durchfall welcher nicht aufhören wollte. So meldeten wir uns beim Schiffsarzt, resp. der Ärztin an. Nach einer kurzen Untersuchung war schnell klar, Ursi hatte Fieber und war leicht dehydriert. Dagegen bekam sie auch Medikamente und Hausarrest. D.h. sie darf vorerst für 24 Stunden das Zimmer nicht verlassen und bekommt Schonkost aufs Zimmer serviert. Und die Nasszelle im Zimmer wurde sofort mit stärkeren Putzmitteln nochmals gründlich gereinigt und desinfiziert. Hier wird alles unternommen um eine Ausbreitung zu verhindern, denn wenn mehr als drei solche Fälle auf dem Schiff vorkommen, dürfen alle Passagiere das Schiff im Hafen nicht verlassen bis die Quarantänezeit abgelaufen ist…
Ich machte mich dann am Nachmittag auf zu Camp Millar, das ist eine alte Goldmiene, die jedoch schon bald den Betrieb eingestellt hatte wegen ungenügender Ausbeute. Das war etwa um 1910. Ausser den Übrigbleibsel aus dieser Zeit, begegneten wir einigen Spitzbergen-Rentieren, welche zurzeit gerade dabei sind, das Winterfell abzulegen.
Da eine Durchfahrt im Osten wegen Eis nicht möglich war, sind wir über Nacht wieder südwärts in den Krossfjord gefahren um in Signehamna anzulanden. Dieser Ort ist bekannt aus dem 2. Weltkrieg wo die deutsche Wehrmacht eine Wetterstation betrieb. Noch heute sind da Überreste der Gebäude und Gerätschaften zu finden, die allerdings der Natur ausgesetzt sind und vor sich hin rotten. Wir beschlossen, auf den beschwerlichen Aufstieg über die Geröllfelder zu verzichten und machten einen Strandspaziergang. Alles in allem, kein spektakuläres Ereignis nur hatten wir einen sich sonnenden Seehund verpasst!
Während dem Mittagessen fuhr unser Schiff weiter zur 14. Juli-Bucht wo ein imposanter Gletscher in einem kurzen Fjord endete. Mit den Zodiacs ging es wieder an Land. Eine Gruppe ging auf den Gletscher, die andere Gruppe folgte dem Ufer in die andere Richtung zu den hängenden Gärten von Spitzbergen. Wir schlossen uns dieser Gruppen an bekamen einiges zu sehen.
Da waren z.B. die kleinen Blumen die zu blühen begonnen hatten auf dem Permafrost oder eine Kolonie von Nonnengänsen die gerade beim Aufziehen ihrer Jungen waren oder die Küstenseeschwalbe die uns angriff, weil wir zu nahe an ihr Gelege am Boden kamen.
Kurz danach stiessen wir auf Spitzbergen-Rentiere die am Hang herumturnten wie die Gämsen in der Schweiz. Dann plötzlich kam die Meldung der Gruppe welche hinter uns folgte, dass sie einen Polarfuchs gesehen hätten. Kurz darauf sahen wir ihn auch – mit einem Küken der Nonnengänse in der Schnauze…
Als wir wieder bei der Gänsekolonie verbeizogen stand da das belämmerte Gänsepaar, welches vor einigen Minuten noch ihr Küken behütete …
Weiter ging es mit den Zodiacs zu einem Vogelfelsen um die Papagei-Taucher zu bestaunen. Die posierten auch anstandslos wie wir es schon von Island kannten.
Vor dem Nachtessen fand das tägliche Briefing statt, wo ein Tagesrückblick mit Fotos gezeigt und das Programm des folgenden Tages vorgestellt wurde.
Täglich, zur Aufstehzeit, kommt die Durchsage der Expeditionsleitung mit der aktuellen Schiffsposition. Heute kam die Meldung, dass wir bereits 80° Nord erreicht hätten und auf der Moffen-Insel nebenan sich eine Walrosskolonie befinden würde. Das Schiff hielt an und so hatte man genügend Zeit zum Fotografieren.
Wir befinden uns nun bereits in leichtem Treibeis und fahren weiter bis zur Packeisgrenze und sind auf der Suche nach Eisbären. Und da, drei Walrosse auf einer Eisscholle, aber noch fehlen die Bären.
Wir navigieren durch das Treibeis und beobachten das Treiben auf der Schiffsbrücke, da darf man nämlich immer hin. Hier herrscht knisternde Stille, nur die Steuerkommandos vom Kapitän zum Steuermann und seine Rückmeldung sind zu hören. Aber die Spannung im Raum ist kurz vor dem Bersten – jetzt gleich muss es geschehen – und niemand weiss genau was!
Die Expeditionsleiterin hockt neben dem Kapitän und hält nach Tieren Ausschau. Eine Bemerkung von ihr und das Schiff steht still!!!
Wir brechen die Suche ab, da kein Durchkommen mehr ist im Treibeis. Aber wir bekommen die Information vom Schiff, welches uns gestern den Anlegeplatz versperrt hatte, wo sie heute Eisbären gesichtet hätten. Wir drehen südwärts und machen uns auf die Suche, nachdem wir einen imposanten Treibeisgürtel, bei Sonnenschein und mildem Wetter durchquert hatten.
Kurz vor 15 Uhr ging unser Schiff vor Anker und die Zodiacs wurden für einen Ausflug ins Treibeis des Woodfjords bereitgemacht. Und was dann folgte, war das absolute Highlight. Bei strahlendem, mildem und windstillem Wetter suchten wir mit zehn Zodiacs den Eisbären, zuerst der Küste entlang bis plötzlich ein Bär gesichtet wurde, auf dem Treibeis schlafend.
Alle Zodiacs versammelten sich sodann auf einer Linie und so näherte man sich dem Bären auf der Eisscholle, ganz langsam und leise bis auf etwa 50 Meter. Der Eisbär bemerkte uns, erhob sich, begutachtet uns und zog langsam von dannen. Mit einem Sprung ging’s dann rüber zur nächsten Eisscholle und er versteckte sich im Schnee. Aber wir folgten ihm mit den Booten, wieder ganz leise bis er uns wieder sah und er zu uns bis an den Eisrand kam um uns zu begutachten. Das waren dann keine 20 Meter mehr entfernt…
Dann verzog sich das etwa 500 Kilo schwere Männchen ganz gemächlich und wir zogen uns auch zurück um das Tier in Ruhe zu lassen.
Mensch war das ein Erlebnis, bei schönstem Sonnenlicht!
Nach fast drei Stunden im Zodiac kehrten wir zur Sea Spirit zurück, wo es dann zuerst ein Bierchen und bald darauf ein leckeres Nachtessen gab.
Auf dem knapp dreistündigen Ausflug habe ich über 300 Fotos gemacht und viele, viele gute Fotos sind dabei!!!
Morgenessen und dann ab in den Vortragsraum. Einführung in das Verhalten bei Landgängen war das Thema. Nun wissen wir was man darf und was nicht, wenn man an Land geht, und dass immer ein Begleiter mit Gewehr dabei sein muss und zusätzliche Bärenwachen postiert werden! So geht das hier.
Wir bereiten uns auf den ersten Landgang vor: wasserdichte Hosen anziehen, in die neue warme Polarjacke schlüpfen, Schwimmweste darüber anziehen und den Rucksack mit der Kamera umhängen. So stehen wir bereit bis die Gruppe „Papageientaucher“ aufgerufen wird, zu denen zählen wir, um in ein Zodiacs zu steigen.
Nun geht’s zügig los nach Ny Ålesund, der nördlichsten Siedlung der Welt. Im Sommer leben etwa 200 Forscher aus aller Welt hier und im Winter sind es dann noch eine Handvoll Leute welche die Anlagen betreuen.
Zuerst gehen wir aber zum Postamt, dem Nördlichsten der Welt natürlich, um unsere Postkarten abzuschicken. Dann folgen wir dem Führer der sehr viel über den Beginn der Polarforschung zu erzählen weiss und es auch spannend rüberbringt. Und schon stehen wir vor dem hohen Masten an welchem Amundsen seinen Zeppelin andockte bevor er als Erster über den Nordpol flog.
Am Nachmittag war ein Besuch bei den Walrossen vorgesehen, doch leider versperrte ein anderes Expeditionsschiff den Ankerplatz. Also wurde im schönen Magdalenefjord ein Alternativprogramm angeboten. Aber 1½ Std. mit den Stiefeln durch Geröll wandern, war nicht mein Ding, also fuhren wir mit dem Zodiac zwischen kleinen Eisbergen hindurch zu den Gletschern die bis ins Meer reichen.
Nach dem Nachtessen gab es dann plötzlich Eisbärenalarm, wir waren zu diesem Zeitpunkt auf der Brücke und konnten die Expeditionsleitung bei der Arbeit beobachten. Das war eindrücklich, zuerst Totenstille, dann plötzlich eine Bemerkung eines Beobachters und dann ging’s gleich los. Schiff wenden (!) zurückfahren, Durchsage auslösen und den Standort des Bären durchgeben. Und wusch waren die Leute an Deck mit Kamers aller Gattung. Und da war er, ganz, ganz weit weg, aber er war da…
Das war um 22 Uhr bei strahlendem Sonnenschein gegenüber von traumhaften Gletschern…